Sonntag, 29. Mai 2011

Wenn der Ausstieg aus der Atomenergie noch kein Thema ist…

Vor knapp 2 Wochen sind wir in Kambodscha angekommen und haben uns bereits wieder gut an die etwas gemütlichere Gangart (im Gegensatz zu Vietnam) gewöhnt. Kambodscha ist ein Land, in dem wir dank eigener Erfahrungen gute Vergleiche ziehen können, wie es sich in den letzten Jahren entwickelt hat. Roger war vor knapp sieben Jahren hier, Melanie vor etwas mehr als drei Jahren. Logischerweise hat sich in den Touristenorten viel getan und einige Strassenzüge sind nicht mehr wiederzuerkennen. Jedoch scheint Kambodscha im Vergleich zu seinen südostasiatischen Nachbarn den Gang nicht ganz so hoch geschaltet zu haben und sich einiges „gesünder“ zu entwickeln. Es gab sogar Orte, die noch ziemlich genau gleich aussahen wie vor drei, bzw. sieben Jahren. In dieser Welt-Gegend auf jeden Fall unüblich. Die Armut in diesem Land ist bei einem Teil der Bevölkerung immer noch sehr gross und gut ersichtlich, was uns durchaus zu schaffen macht. Beim Anblick der vielen Strassenkinder und Bettler (oft mit amputierten Beinen, die sie bei der Explosion einer Landmine verloren haben) stellt man sich schon oft die Frage, welche Rolle wir hier als Reisende und Besucher in diesem Land spielen sollen. Sollen wir grosszügig Kleingeld an die Bettler verteilen? Oder lieber sinnvolle Projekte und NGO’s unterstützen? Und können wir es überhaupt vertreten, in einem edleren Restaurant einen italienischen Kaffee für 2 US-Dollar (für die Verhältnisse hier ein unverschämter Preis) zu zahlen, wenn der Durchschnittsverdienst im Kambodscha weniger als 1 USD pro Tag ist? Das Leben hier ist für uns ziemlich preisgünstig. Für eine Mahlzeit zahlen wir im Durchschnitt 3 Franken, eine Hotelübernachtung für zwei Personen kostet ca. 10 Franken. Es gibt jedoch auch Güter, die in die entgegengesetzte Richtung ausschlagen. Ein überraschendes Beispiel ist der Strom. Eine kWh kostet hier ganze 25 Rappen. Zum Vergleich: Das EW Jona-Rappi verlangt nur 8 Rappen. Wenn wir also in unserer Unterkunft die Klimaanlage für vier Stunden rattern lassen, kostet das ca. 1 Franken. Da wären wir wieder beim durchschnittlichen Tagesverdienst. Oder noch mehr Zahlenspielerei: Der Kambodschaner muss für seine kWh zwei Stunden arbeiten, der Durchschnittsschweizer jedoch nur 12 Sekunden! Kein Wunder also, sind hier Glühbirnen total out und Sparlampen in. Und aus dieser Sicht ebenfalls nachvollziehbar, dass all die geplanten und äusserst umstrittenen Staudammprojekte für die Regierung und Grossunternehmen äusserst lukrativ sind. Im Gegensatz zur Schweiz ist hier also der Ausstieg aus der Atomenergie noch lange kein Thema.
Nach einigen Tagen in der geschäftigen Hauptstadt Pnom Penh sind wir nun in Siem Reap angekommen und haben am ersten Abend gleich das Beatocello-Konzert besucht. Beatocello ist Dr. Beat Richner mit seinem Cello. Ein Mann mit einer Energie für 10 Personen, der immer noch gegen etliche Windmühlen ankämpft und eine sehr kritische Haltung gegenüber NGO’s, Regierungen und Weltgesundheitsministerien hat. In seinen Ausführungen bekamen viele Repräsentanten dieser Institutionen ihr Fett weg, mal ziemlich deftig, mal mit einem Augenzwinkern. Amüsant für uns war seine Videovorführung, in dem er u.a. Micheline Calmy-Rey bei einer Visite in seinen Spitälern und Sequenzen aus einer Zirkus Knie-Benefiz-Gala zeigte. Am Schluss gabs dann noch Berichte aus der Schweizer Illustrierten. Ins Englische übersetzt zum mitnehmen.


Das Restaurant "Airport" in Sihanoukville: ein "must" für Aviatik-Fans wie wir (ähem...)

Kambodscha - das Land, in dem das Benzin noch aus der Cola-Flasche kommt...

...und man im Auto-Rückspiegel Karaoke-Filme laufen lassen kann

Zwei (!) Schweine auf dem Weg zum Markt

Getrockneter Fisch am Central Market in Pnom Penh

Selbstgebastelte Schweizer-Fahne am Flussufer im Pnom Penh (Geometrie ist hier wohl ein Fremdwort :-))

Der wunderschöne Palast von König Norodom Sihamoni

Ein alltägliches Bild: Herr und Frau Kambodscha beim Multi-Tasking

Dr. Beat Richner am referieren

Donnerstag, 19. Mai 2011

Von Edelboutiquen und Rattenfleisch

In Saigon geht’s ab wie die Rohrpost. Politisch korrekt sollte man die Stadt ja eigentlich Ho Chi Minh City nennen. Denn eine der ersten öffentlichen Amtshandlungen des kommunistischen Nordvietnams, nachdem sie Saigon eingenommen haben, war die Umbenennung der Stadt zu Ehren ihres Übervaters Ho Chi Minh. Aber unsere Erfahrungen und Gespräche mit Südvietnamesen haben gezeigt, dass dieser neue (und etwas umständliche) Name bei ihnen nicht wirklich „en vogue“ ist. Vor allem aus dem Grund, weil die Nord- und Südvietnamesen bis heute das Heu (oder eher die Reispflanzen) nicht auf der gleichen Bühne haben. Hiermit ergreifen wir daher Partei für den Südvietnam und bleiben der Bezeichnung „Saigon“ treu.
In ebendiesem Saigon spriesen die Büro- und Hotel-Türme nur so aus dem Boden. Wir entdeckten die edelsten Kleider- und Schmuck-Boutiquen, die sogar an der Zürcher Bahnhofsstrasse einen schweren Stand hätten. Und ab und zu kratzte ein schnittiger Sportwagen oder eine Luxus-Limousine die Kurve. Bilder, die im restlichen Vietnam (noch) unvorstellbar sind. Neben diesem augenscheinlichen Reichtum wirken die vielen Museen und historischen Gebäude, in denen der Kommunismus hochgelebt und zelebriert wird, wie ein lustiges aber altbackenes „Chasperli-Theater“.
Nach Saigon machten wir eine mehrtägige Tour durchs Mekong Delta. Dort besuchten wir u.a. die berühmten „Floating Markets“, auf denen ein (leider immer kleiner werdender) Teil des regionalen Gemüse- und Früchte-Handels auf Booten betrieben wird. Zudem liess sich Roger noch kulinarisch weiterbilden, und probierte Rattenfleisch (nicht empfehlenswert), Froschschenkel (sehr fein und zart) und Riesenschnecken (ziemlich glitschig).
Die letzte Station in Vietnam war die wunderschöne Phu Quoc Insel, auf der wir (einmal mehr) ein paar Strandtage verbrachten. Obwohl die Insel schon länger kein Geheimtipp mehr ist, ist ihr Leben noch ziemlich einfach und gemütlich. Das wird sich jedoch im 2012 schlagartig ändern, wenn der neue internationale Flughafen fertig gebaut ist. Wie wir von einem Schweizer Restaurantbesitzer (der hatte sogar Käsefondue auf der Menükarte!) erfahren konnten, sind sämtliche jetzt noch verlassenen Küstenabschnitte an Grundstück-Makler und Hotelketten verkauft. Das Sheraton und Hilton z.B. starten demnächst mit dem Aushub, damit sie pünktlich für die Flughafeneröffnung in den Startlöchern stehen. Und quer über die Insel werden nun mehrspurige Highways gebaut. Eine Entwicklung, deren rasante Geschwindigkeit jedem Schweizer VCS-Mitglied die Haare zu Berge stehen lässt.
Nach dem prosperierenden Vietnam sind wir nun in einem Land angekommen, dass diesbezüglich noch in den Kinderschuhen steckt. Mehr dazu beim nächsten Mal…

An alle Stumpen-Liebhaber: Auf Saigons Strassen verkaufen sie Villiger-Stümpen!

Eines von vielen Bürogebäuden in Saigon

Der ehem. Premierminister von Vietnam präsentiert im Stadtmuseum stolz seinen Badge fürs Davoser WEF

Frühstücks-Service inkl. Lächeln auf einem Floating Market

Junger Cola-Verkäufer im Mekong Delta

Melanie hat Mangos zum Fressen gern

Higway im Bau auf Phu Quoc Island

Ausruhen vom (ähem...) stressigen Reisealltag

Wunderschöne Abendstimmung auf Phu Quoc Island

Sonntag, 8. Mai 2011

On the road – die Easy-Rider Spezialausgabe

Wie im vorigen Blogeintrag versprochen, möchten wir noch über unseres 3-tägiges Easy-Rider-Abenteuer, das wir  zusammen mit Fränzi und Silvan erlebten, berichten. Easy Rider sind vietnamesische Töff-Fahrer, die einen mitsamt Rucksack auf ihre schweren Hondas packen und mit viel Sachwissen und zumutbarem Fahrstil durchs Land kurven. Da auf einem Töff mit Gepäck nur zwei Personen Platz haben, hatten wir die einmalige Gelegenheit, zusammen mit vier einheimischen Reiseführern die verschiedensten Orte weit weg vom Touristenstrom zu erkunden und unsere Guides drei Tage lang mit Fragen zu löchern. Unsere vier Easy-Rider setzten sich wie folgt zusammen: ein seriöser Boss, der die Truppe anführte, ein ehemaliger Leutnant der südvietnamesischen Armee, der den Vietnamkrieg am eigenen Leib erfahren hat, ein leicht exzentrischer „Bamboo-Man“, der bei jedem Zmorgen-Essen einen Clown mitass, sowie ein jüngerer und ruhiger Neueinsteiger. Diese grundverschiedenen Charaktere unterhielten uns bestens und brachten uns die vietnamesische Kultur, Natur und Landwirtschaft näher. So besuchten wir Blumen-, Kaffee-, Tee-, Kautschuk-, Pilz- und Seidenraupen-Farmen, bestaunten diverse Produktionsvorgänge (z.B. wie aus dem Kokon der Seidenraupe eine Seidenschal wird) und hörten spannende aber bedrückende Geschichten vom Vietnamkrieg. Da wir wie gesagt abseits der üblichen Touristenpfade reisten und durch etwas abgelegene Dörfer und Städte fuhren, wurden wir oft angegafft, als ob wir der ehrwürdige Osterhase in Person seien. Unsere Easy-Rider machten uns ebenfalls mit der Gastfreundschaft und Offenheit der vietnamesischen Landbevölkerung vertraut. So platzten wir oft in die gute Stube von Bauern-Familien oder besichtigten die Produktionsstätten von lokalen Fabriken, ohne dass uns nur einmal eine ablehnende Haltung gegen unseren Besuch entgegenschlug. Der Abschluss unserer Easy-Rider-Tour bildete dann eine atemberaubende Fahrt durch das geschäftige Saigon während der Stosszeit. Ein Schmünkerli davon seht ihr im untenstehenden Video.




Interessierte Bauernfamilie begrüsste uns in ihrer Stube

Fränzi zeigt den Damen, wie man Reis erntet

Melanie und Silvan schnüffeln sich durch eine Tee-Farm

Rückspiegel-Ansicht eines Easy Riders

Herstellung von Reispapier für die Frühlingsrollen

Habt ihr gewusst, dass so eine Cashew-Nuss aussieht und jede einzeln gepflückt werden muss?

Unser Easy-Rider-Team ...

... mit ihren zufriedenen Kunden



Samstag, 7. Mai 2011

Vietnam – ein Land auf der Überholspur

Lange ist es her seit unserem letzten Blog-Eintrag. Der Grund ist nicht Langeweile oder fehlende Erlebnisse, sondern das pure Gegenteil. Die Tage flogen nur so vorbei, wie Regentropfen in einem Tropensturm (ein altes vietnamesisches Sprichwort, oder so...). Daher wird in kurzer Zeit auf diesen Blog-Eintrag eine zweite „Blog-Spezial-Ausgabe“ folgen, damit das Erlebte entsprechend gewürdigt werden kann.
Hanoi, die Hauptstadt im Norden Vietnams, erreichten wir spätabends nach einer 25-stündigen und nicht mehr enden wollenden Busfahrt. Wir hatten vorsorglich übers Internet ein Hotel vorgebucht. Nach einem Marsch durch das Gewirr von Töfflis und Sonnenbrillenverkäufern erreichten wir todmüde unsere in Internetforen wärmstens empfohlene Übernachtungsstätte. Der gutgekleidete nette Herr an der Reception erklärte uns jedoch, dass wir nicht bei ihm vorgebucht haben, sondern bei einer billigen Hotel-Kopie, die gleich um die Ecke liegt. Dort angekommen, beschied uns ein noch besser gekleideter Herr, dass er zwar das Original-Hotel besitze, unsere Hotel-Kopie mit dem entsprechenden Strassennamen jedoch eine Gasse weiter sei. Langsam am verzweifeln und verhungern, fanden wir dann schlussendlich doch noch das gebuchte Hotel, ob Original oder Kopie war uns dann ziemlich egal. Nach ein wenig recherchieren am nächsten Tag fanden wir dann heraus, dass es alleine in unserem Quartier vier Hotels mit dem genau gleichen Namen gab und etliche in der übrigen Stadt verteilt sind. Und wir hatten definitiv nicht beim Original-Hotel gebucht (das gehört dem noch besser gekleideten Herrn).
Diese Geschichte ist sehr bezeichnend für Vietnam. Sobald ein Restaurant, Hotel, Reiseagentur oder was auch immer Erfolg hat und z.B. in einem Reiseführer positiv erwähnt wird, spriessen im Nu unzählige Kopien aus dem Boden, die ebenfalls vom Erfolgs-Honigtopf schnabulieren wollen. So gibt es z.B. etliche über das ganze Land verteilte Reiseagenturen mit dem Namen „Sinh Café“, die immer noch mit dem alten Logo und Schriftzug auftreten, da das Original aufgrund der vielen Kopien sein Name und Logo längstens geändert hat. Entsprechende Gesetze, die das verhindern könnten, gibt es in diesem Land nicht oder werden dank Korruption und Vetternwirtschaft nicht durchgesetzt. Vietnam ist zwar ein kommunistisches Land, hat sich wirtschaftlich jedoch so weit geöffnet, dass dem Kapitalismus Tür und Tor weit offen stehen. Ausser dem politischen System, grünen Uniformen und roten Spruchbändern ist der Kommunismus daher auf dem absteigenden, wenn nicht abgebrochenen Ast. Das Land entwickelt sich rasend schnell, ist nach Thailand bereits der weltweit zweitgrösste Reis-Exporteur und steht sogar beim Kaffee-Export an zweiter Stelle (nach Brasilien). Dieses beinahe unvorstellbare wirtschaftliche Wachstum wirkt sich natürlich auf die Preisentwicklung aus und mündet in einer unglaublichen Inflation. Vietnam hat  von Januar bis April 2011 für 27 Milliarden US$ Güter exportiert, ganze 36% mehr als im gleichen Zeitraum im letzten Jahr. Die Inflation in diesem Jahr erreichte daher 14%. Diese Zahlen sowie dutzende grosse Bauprojekte, über Strassen bis Staudämme, belegen, dass die landesweite Wirtschaft im horrenden IC-Tempo unterwegs ist.
Die letzten zwei Wochen verbrachten wir mit Fränzi und Silvan, die uns besuchen kamen und uns zwei superspannende, lustige und kurzweilige Wochen bescherten. Wir tuckerten zusammen durch die weltberühmte Halong-Bucht, schlängelten uns durch Tausende von Töfflis in der Altstadt von Hanoi, probierten die verschiedensten Varianten an Kaffees, Tees und Bieren, bestiegen Ruinen von vergangenen Königs-Dynastien, schneiderten uns Hemden, Jacken und Abendkleider nach Mass und kurvten mit dem Töff herrlichen Stränden und Fischer-Häfen entlang. Der eigentliche Höhepunkt war jedoch eine dreitägige Easy-Rider-Tour durch den Süden Vietnams. Mehr dazu in unserer „Easy-Rider-Specialedition“.

P.S.: Wir haben auf unserem Blog eine E-Mail-Benachrichtigungsfunktion hinzugefügt. Ihr könnt rechts unten eure E-Mail-Adresse eintragen und erhaltet dann immer eine Nachricht, wenn ein neuer Blog-Eintrag geschrieben wurde. 

Ehrenwache für Ho Chi Minh vor seinem Mausoleum

Melanie mit herrlich posierendem Hochzeitspaar

Beleuchtete Höhle in der Halong Bucht

Silvan und Fränzi in Action in der Halong Bucht

Melanie verbrätelt gerade unser halbes Reisegeld beim Schneider in Hoi An

Romantische Altstadt in Hoi An

Mit der SBB lässt sich auch hier gut Werbung machen :-)

Töffgang von Nha Trang (und Roger hat wiedermal einen saudoofen Helm erwischt)