Sonntag, 18. März 2012

Wenn Abenteuer nach faulen Eiern stinkt…


In unseren Blogeinträgen haben wir schon oft Kolonialmächte angesprochen, die in Asien durch kürzere und längere Herrschaften ihre Spuren hinterlassen haben. Dabei sind die üblichen Verdächtigen immer dieselben ehemaligen Seemachts-Nationen wie Grossbritannien, Portugal oder Frankreich. Nun ratet mal, wer sich seit dem frühen 17. Jahrhundert bis 1949 das nicht wirklich kleine Indonesien unter den Nagel gerissen hat? Ein (alles verratender) Tipp: Indonesien trägt seinen heutigen Namen noch nicht lange, früher wurde es „Niederländisch-Indien“ genannt. Richtig, die Holländer!  Das tulpenzüchtende, oranje-tragende, camperfreudige Volk der Holländer hat hier mehrere hundert Jahre seine Wohnwagen aufgestellt und die vielen Inseln und Völker Indonesiens mit harter Hand regiert. Viele Wörter der Nationalsprache „Bahasa Indonesia“ wurden aus dem Holländischen abgewandelt und auch sonst sind heute noch niederländische Vermächtnisse, vor allem bei älteren Gebäuden und Verkehrsinfrastruktur, sichtbar. Holzzoggeli, Edamer oder Pommes Frites mit Mayonnaise wurden wie’s aussieht jedoch wieder verbannt.
Nach dem Regenwald in Sumatra und ein paar Tagen ausspannen am Lake Toba folgte ein weiteres indonesisches Highlight: das Besteigen eines noch aktiven Vulkans. Ein ziemlich stinkiges Erlebnis, muss man sagen. Am Kraterrand zischte überall heisser Schwefeldampf zwischen den Steinen hervor und der beissende Geruch von faulen Eiern haftete noch tagelang an unseren Kleidern. Am höchsten Punkt der Wanderung wurden wir von einem Gewitter überrascht, das uns den ganzen Abstieg wie ein zahmes Hündchen begleitete, bis wir Zuflucht in einer schwefelhaltigen heissen Quelle fanden. Melanie war so begeistert vom entspannenden Bad, dass sie sich ungewollter weise ein bleibendes Andenken besorgte: ihr Silberkette ist seither schwarz.
Wenn wir gerade von Highlights sprechen: Auf der Insel Java mit dem Flugzeug angeflogen kam ein Highlight, dass die Schweiz zu bieten hat: unsere (Schwieger-)Eltern Ruth und Walti. Mit ihnen reisen wir zwei Wochen lang durch Java und Bali und dürfen richtig schönen Beach-Resort-Luxus geniessen. Aber es ist gar nicht so, dass wir nur auf der faulen Haut rumliegen. In Yogyakarta machten wir eine Velotour durch die umliegenden Dörfer und besuchten das lokale Gewerbe, von der Backsteinfabrik bis zum Soja-Snack-Produzenten. Auffallend ist, wie jedes Dorf über seine eigenen strikten Regeln verfügt und der Tagesablauf vom Dorfoberhaupt ziemlich rigide vorgeschrieben wird. Der „Dorfkönig“  wird alle vier Jahre von den Einwohnern gewählt und darf dann während seiner Regierungszeit in ein edles Haus einziehen. Im einen Dorf, das wir besuchten, gibt es z.B. die Regel, dass man sich ab 21 Uhr nur noch in den eigenen vier Wänden aufhalten darf. Und wenn ein junger Mann zu später Stunde im Haus einer jungen Frau vorgefunden wird, dann muss er sie auf Geheiss des Dorfoberhaupts heiraten. Da muss man sich seine Abendbesuche sorgfältig auswählen…
Am 15. März wurde Melanie 30 Jahre alt und erlebte einen Tag mit vielen schönen Überraschungen. Morgens um halb vier mussten wir uns bereits aus dem warmen Bett schälen und machten uns auf zum Vulkan Bromo und seinen Kumpanen. Der Bromo ist natürlich auch noch aktiv. Wenn schon, denn schon, nichts halbpatziges, alles andere wäre einem Geburtstag nicht gerecht geworden. Nach bestaunen einer dichten Sonnenaufgangs-Wolkenwand und dem windigen Erklimmen des Kraterrands konnten wir ins friedlich vor sich hin paffende Kraterloch schauen. Dank heftigem Wind sogar ganz frei von Faulen-Eier-Beigestank. Anschliessend gings mit dem „Gschänkli-Bus“  (in dem das Rätsel gelöst wurde, warum Ruth und Walti einen so voluminösen Koffer mit sich schleppen mussten) zur nächsten Destination, wo’s unterwegs den obligaten Geburtstagskuchen und am Abend einen gespritzten Weissen gab. Ein gelungener Tag für die beste Melanie, die es gibt. 

30 Jahre Melanie - Reich beschenkt im "Gschänklibus"

In der Schweiz ein ferngesteuertes Auto, in Sumatra ein "Güggel" - der Stolz jedes Knaben

So sieht's aus, wenn Roger beim Selbstauslöser getrödelt hat

Und wiedermal müssen wir für ein Interview der örtlichen Schüler hinhalten

Melanies Halskette wird dunkler und dunkler...

Was wir aus der Schweiz am meisten vermissten, haben Ruth und Walti mitgebracht: Zopf, Käse, den Tagi und Salami

Tempel Borobudur auf Java

Das aktuelle Reiseteam RoMeRuWa

Sie stahlen dem Tempel eindeutig die Show

Zum Glück posieren Schulkinder immer fürs Leben gerne

Ruth hilft bei der Reisernte mit

Backsteine, definitiv Handmade

Familie Späni bewundern die "Tempe"-Zubereitung

Vulkan Bromo mit Anhang

DAS nennt man aktiv

Queen Melanie liess ihre Coiffeuse aus der Schweiz einfliegen

Mittwoch, 29. Februar 2012

Das harte Los


Unsere Reise ist ein ständiges Hoi und Tschüss sagen. Zum Beispiel Tschüss sagen an Marlène, die uns als inspirierendes Reisegspändli ganze sechs Wochen lang begleitet hat. Oder Hoi sagen an Christof und Täschi, die wir für zwei Tage (und vor allem Nächte) in Kuala Lumpur getroffen haben. Zudem lernen wir oft andere nette Menschen aus allen hehren Ländern kennen, verbringen einen oder mehrere Tage mit ihnen, und nachdem wir sie so richtig liebgewonnen haben, müssen wir uns bereits auf ein potentielles Nie-mehr-Wiedersehen von ihnen verabschieden, da sie eine andere Route nehmen oder ihre Ferien bereits zu Ende sind. Das ist wohl das harte Los von Langzeitreisenden…
Nach ein paar restlichen (und eben tschüss-sagenden) Tagen an den Stränden Sri Lankas gings für uns weiter für einen kurzen Zwischenstopp in Kuala Lumpur, Malaysia, wo wir wichtige Dinge wie Impfungen und Visa besorgen mussten. Und das kurzzeitige Wiedersehen mit Christof und Täschi feierten. Kuala Lumpur ist eine Mega-Stadt, die sich in manchen Dingen wenig von einer europäischen Grossstadt unterscheidet. So konnten wir auf der einen Seite herausgeputzte Einkaufscenter und edle Modegeschäfte bestaunen, mussten andererseits aber auch zähneknirschend hinnehmen, dass die Tollwutimpfung hier gleichviel kostet wie in der Hochpreisinsel Schweiz.
Anschliessend gings weiter auf die Insel Penang, von wo wir die Fähre zur Überfahrt nach Sumatra in Indonesien besteigen wollten. Es blieb beim wollen. Nach Ankunft in Penang mussten wir erfahren, dass der Fährbetrieb seit über einem Jahr eingestellt ist. Die Schiffsgesellschaft konnte anscheinend die Kosten nicht mehr stemmen, die die Rückschaffung von indonesischen Emigranten (deren Papiere von Malaysia als ungenügend deklariert wurden) verursachten. Trotz längerer Recherche in Reiseführern und im Internet ist uns diese doch wesentliche Information durch die Lappen gegangen. Vor 20 Jahren wären wir nun so richtig aufgeschmissen gewesen, nicht jedoch im Zeitalter von Internet und Billig-Fluggesellschaften. Ein paar Klicks und Tastaturtippen abends um 20 Uhr, und schon waren unsere zwei Sitze in der am darauffolgenden Tag startenden Propellermaschine gebucht. Naja, ein Flug ist halt nicht so romantisch wie eine Schiffsankunft in einem neuen Land, dafür dauerts nur 50 Minuten anstatt 8 Stunden.
Bevor wir weiterfahren, lohnt sich etwas Zahlenspielerei, um dieses riesige und sehr abenteuerliche Land Indonesien vorzustellen: Nach China, Indien und den USA das 4. bevölkerungsreichste Land der Welt, 1‘920‘000 km2, 17'000 Inseln (wovon nur 8000 bewohnt sind), 300 verschiedene Sprachen und 129 noch aktive Vulkane. Ein grosser Teil der Fläche Indonesiens wird von Sumatra beansprucht, das für seinen riesigen Regenwald berühmt ist. Dorthin machten wir uns auf, um die letzten verbliebenen Orangutans zu beobachten. Obwohl sie im Zürcher Zoo sehr populär sind und wohl in einer „Wie viele Besucher stehen im Durchschnitt vor meinem Käfig“-Rangliste eine Topplatz besetzen würden, gibt’s von denen nur noch ein paar Tausend, und nur noch in den Regenwäldern Sumatras und Borneos. Nach einer Stunde Dschungel-Trekking begegneten wir bereits unserer haarigen Cousine, die sich in ihrem rostfarbenem Fell gut sichtbar von Baum zu Liane und zurück hangelte, dicht gefolgt von ihrem 3-jährigem Baby. Ein grandioser Anblick, wie sich diese riesigen Affen scheinbar mühelos fortbewegen und die kleinen, biegsamen Dschungelbäume dabei fast einknicken. Alle Orangutans, die wir entdeckten, waren „semi-wild“, das heisst sie wurden von lokalen Forschern und Tierschützern aufgezogen und anschliessend in die Freiheit ausgesetzt. Eine bitter nötige Praxis, denn ein Orangutan-Weibchen gebärt im Schnitt lediglich alle sechs Jahre ein Junges. Während unseren zwei Tagen im Regenwald (inkl. Übernachtung im Zelt) schwangen sich noch diverse weitere Affenarten durch unser Sichtfeld und auch unsere obligaten „Überall wo’s ein bisschen feucht ist“-Begleiter, die Blutegel, versuchten wacker ihren Anteil aus unserem Blutkreislauf abzuzweigen. Ist wohl das harte Los von Regenwald-Entdeckern…

Sonnenaufgang in Mirissa, Sri Lanka

Da stand noch kein Bier auf dem Tisch: Ausgang mit Christof und Täschi

Entzückt jedes Fleischesser-Herz: Hasenburger, Kamelburger, Hirschburger, Katzenfischburger usw. in Kuala Lumpur, Malaysia

Der Bildbeweis für Marlène: Auch in Malaysia gibt’s Chai

Leuchtendes Wahrzeichen von Kuala Lumpur: die Petronas Twin Towers

Der extravagante Thomas Leaf Monkey…

… mit Nachwuchs

Sieht uns doch ziemlich ähnlich: Orangutan…

… ebenfalls mit Nachwuchs

Da muss man nicht mehr ins Alpamare…

Regenwaldfrühstück mit unseren holländischen Freunden