Nun sind wir bereits über drei Wochen am Englisch unterrichten und haben uns so richtig eingelebt. Die Tatsache, dass Siem Reap der mit Abstand touristischste Ort in Kambodscha ist, bereitet uns täglich abstruse, lustige und nachdenklich stimmende Erfahrungen. Wir können z.B. jeden Morgen an der „Pub Street“, der Partymeile von Siem Reap, gemütlich einen Eiskaffee schlürfen, ein „American Breakfast“ verdrücken und uns von der durch die zahlreichen Touristen mit Kamerataschen aufkommenden Ferienatmosphäre einlullen lassen. Nach dem Vorbereiten der Englischlektionen geht’s dann ab aufs Velo oder TukTuk, und nach 10 Minuten befinden wir uns bereits auf dem Land, umgeben von Reisfeldern, Tümpeln mit tümpelnden Wasserbüffeln, rudimentären Bretterverschlägen und winkenden Kindern. Der Gegensatz könnte nicht grösser sein. Das Angebot an Läden, Restaurants, Märkten, Bancomaten und Massagesalon’s ist hier riesig und es gibt sogar ein richtiges Einkaufszentrum mit Rolltreppen. Wir beobachteten Khmers, die zum ersten Mal in ihrem Leben eine Rolltreppe sahen und von Hilfspersonal auf die fahrenden Stufen geführt werden mussten. Einige von ihnen hatten eine solche Freude am technischen Wunderwerk, dass sie den halben Nachmittag auf den Rolltreppen verbrachten und rauf und runter fuhren.
Diverse Läden in der Stadt führen importierte Produkte. So bekommt man hier Schweizer Familia-Müeslis, Hero-Konfi, Ricola-„Zältlis“ und natürlich die obligatorische Toblerone-Schoggi. Ein Restaurant hat exklusiv Nespresso-Kaffee im Angebot und bewirbt diesen mit einer grossen Werbetafel inkl. George Clooney. Dann gibt es in den Läden für uns Westler ziemlich skurill anmutende Produkte wie z.B. ein Pulver, mit dem man mehr Gewicht erlangen, bzw. zunehmen kann. Und natürlich die an jeder Ecke erhältliche „Whitening Cream“, mit der einheimische Frauen ihre Haut bleichen. Das asiatische Körperideal hier ist also ziemlich das Gegenteil von unserem in Europa.
Weil wir nun täglich Englisch unterrichten, hatten wir bis jetzt noch gar keine Zeit, um die weltberühmten Tempel von Angkor Wat zu besuchen. Es gibt wohl nicht viele Touristen in Siem Reap, die nach knapp vier Wochen Aufenthalt die Tempel noch nicht gesehen haben. Aber wir haben ja noch ein bisschen Zeit…
Mmhhmm... fritierte Heugümper zum Zmittag gefällig?
Ein im wahrsten Sinne des Wortes strahlendes Lächeln
Ein Pülverli für mehr Gewicht, eins für mehr IQ, eins für bessere Aufmerksamkeit, eins für ...
Einmal mehr ein Bild mit Jööhh-Effekt
Hihihi
Tümpelnder Wasserbüffel
Im Auftrag von Schweizer Nachbarsfreunden durften wir den Waisen neue Moskitonetze schenken
Eigentlich war ja geplant, nur einen kurzen Abstecher nach Kambodscha zu machen. Eigentlich… Aber das schöne an unserer grossen Asienreise ist ja, dass wir nicht wirklich Pläne oder Reiserouten haben und nun so flexibel wie ein TukTuk-Fahrer bei seiner Fahrpreis-Gestaltung sind.Dies führt nun zur bekannten Nebenwirkung, dass wir jetzt unsere nicht vorhandenen Pläne über den Haufen geworfen haben und ein „bisschen“ länger in Kambodscha bleiben werden.
An unserem zweiten Tag in Siem Reap trafen wir die beiden Schweizer Sara und Paul, die ebenfalls eine zweijährige Weltreise machten und nun in Kambodscha leben. Sie bauen innerhalb ihres Projekts Dragonfly ein Restaurant und eine Berufsschule auf, mit denen sie volljährigen Waisen, die aufgrund ihres Alters das Waisenhaus verlassen müssen, einen Arbeitsplatz und eine Ausbildung ermöglichen können. Sie machten uns ebenfalls mit einem Waisenhaus ausserhalb von Siem Reap bekannt, bei dem sie sich schon länger engagieren. Dem Waisenhaus mit seinen knapp 60 Waisen ist eine Schule angehängt, die Englischunterricht für Kinder aus dem Dorf und Umgebung anbietet. Diese Schule, die oft mit Lehrermangel zu kämpfen hat, besuchen insgesamt ca. 400 Kinder. Ja, ihr habt wohl schon gemerkt, in welche Richtung diese Story führt. Nach einem Schnuppertag haben wir uns bereit erklärt, eine Klasse mit knapp 40 Kindern zwischen 10 und 12 Jahren zu übernehmen und Englisch zu unterrichten. Unser Reisen wird daher nun für etwas mehr als einen Monat unterbrochen und wir werden für diese Zeit in Kambodscha sesshaft. Wir haben uns nun bereits gut eingelebt, können dank Sara und Paul in die „Expat-Community“ eintauchen und kennen schon etliche Servierdüsen, Bettler und Krims-Krams-Verkäufer beim Namen.
Da wir zwar viele Lehrerkollegen haben, jedoch das Lehrer-Semi nur vom Hörensagen kennen, habenwir uns mit dem Englisch unterrichten ziemlich ins kalte Wasser geworfen. Improvisieren ist sowieso angesagt, denn die Unterrichtsmaterialien und Infrastruktur vor Ort sind natürlich kein Vergleich zu dem, was wir von der Schweiz gewohnt sind. Die Tatsache, dass wir Schüler/innen aus einem 3. Welt-Land unterrichten, macht das Ganze auch nicht einfacher. Wie z.B. soll man einem Kind, das mit seiner 10-köpfigen Familie in einem Holzverschlag lebt und deren Alltag von der Landwirtschaft bestimmt wird, die Kapitel „Daten übers Internet“ oder „Apartment-Einrichtungsgegenstände“ unseres Englisch-Lehrmittels erklären? Lustig wurde es ebenfalls, als ein Gewittersturm unser „Schulzimmer“ in sekundenschnelle überschwemmte und die ganze Klasse zum wasserdichteren Unterschlupf der 2. Klässler flüchten musste. In solchen Momenten kommt uns unsere jahrelange Jubla-Erfahrung zugute, mit deren Hilfe wir dann bei Blitz und Donner mit 60 Kindern „Montagsmaler“ spielen konnten. Nach der ersten Woche als „Teacher Melanie“ und „Teacher Roger“ sind wir am Abend jeweils fix und fertig. Die vielen lachenden und dankbaren Gesichter der Kinder im Waisenhaus entschädigen jedoch allemal für die Strapazen.
Unser luftiges Schulzimmer
Teacher Melanie beim Gewitter-Sturm-Montagsmaler
... and now everyone together!
So aufmerksam sind sie nicht immer...
Die Girls
Besuch beim Nachbarsmädchen
Jö, ist der rechts herzig
Melanie hat's beim Essen bestellen wiedermal übertrieben
Auf Besuch bei einer anderen Schule (hinten v.l.n.r.: Paul, Sara, Melanie, Boa)
Vor knapp 2 Wochen sind wir in Kambodscha angekommen und haben uns bereits wieder gut an die etwas gemütlichere Gangart (im Gegensatz zu Vietnam) gewöhnt. Kambodscha ist ein Land, in dem wir dank eigener Erfahrungen gute Vergleiche ziehen können, wie es sich in den letzten Jahren entwickelt hat. Roger war vor knapp sieben Jahren hier, Melanie vor etwas mehr als drei Jahren. Logischerweise hat sich in den Touristenorten viel getan und einige Strassenzüge sind nicht mehr wiederzuerkennen. Jedoch scheint Kambodscha im Vergleich zu seinen südostasiatischen Nachbarn den Gang nicht ganz so hoch geschaltet zu haben und sich einiges „gesünder“ zu entwickeln. Es gab sogar Orte, die noch ziemlich genau gleich aussahen wie vor drei, bzw. sieben Jahren. In dieser Welt-Gegend auf jeden Fall unüblich. Die Armut in diesem Land ist bei einem Teil der Bevölkerung immer noch sehr gross und gut ersichtlich, was uns durchaus zu schaffen macht. Beim Anblick der vielen Strassenkinder und Bettler (oft mit amputierten Beinen, die sie bei der Explosion einer Landmine verloren haben) stellt man sich schon oft die Frage, welche Rolle wir hier als Reisende und Besucher in diesem Land spielen sollen. Sollen wir grosszügig Kleingeld an die Bettler verteilen? Oder lieber sinnvolle Projekte und NGO’s unterstützen? Und können wir es überhaupt vertreten, in einem edleren Restaurant einen italienischen Kaffee für 2 US-Dollar (für die Verhältnisse hier ein unverschämter Preis) zu zahlen, wenn der Durchschnittsverdienst im Kambodscha weniger als 1 USD pro Tag ist? Das Leben hier ist für uns ziemlich preisgünstig. Für eine Mahlzeit zahlen wir im Durchschnitt 3 Franken, eine Hotelübernachtung für zwei Personen kostet ca. 10 Franken. Es gibt jedoch auch Güter, die in die entgegengesetzte Richtung ausschlagen. Ein überraschendes Beispiel ist der Strom. Eine kWh kostet hier ganze 25 Rappen. Zum Vergleich: Das EW Jona-Rappi verlangt nur 8 Rappen. Wenn wir also in unserer Unterkunft die Klimaanlage für vier Stunden rattern lassen, kostet das ca. 1 Franken. Da wären wir wieder beim durchschnittlichen Tagesverdienst. Oder noch mehr Zahlenspielerei: Der Kambodschaner muss für seine kWh zwei Stunden arbeiten, der Durchschnittsschweizer jedoch nur 12 Sekunden! Kein Wunder also, sind hier Glühbirnen total out und Sparlampen in. Und aus dieser Sicht ebenfalls nachvollziehbar, dass all die geplanten und äusserst umstrittenen Staudammprojekte für die Regierung und Grossunternehmen äusserst lukrativ sind. Im Gegensatz zur Schweiz ist hier also der Ausstieg aus der Atomenergie noch lange kein Thema.
Nach einigen Tagen in der geschäftigen Hauptstadt Pnom Penh sind wir nun in Siem Reap angekommen und haben am ersten Abend gleich das Beatocello-Konzert besucht. Beatocello ist Dr. Beat Richner mit seinem Cello. Ein Mann mit einer Energie für 10 Personen, der immer noch gegen etliche Windmühlen ankämpft und eine sehr kritische Haltung gegenüber NGO’s, Regierungen und Weltgesundheitsministerien hat. In seinen Ausführungen bekamen viele Repräsentanten dieser Institutionen ihr Fett weg, mal ziemlich deftig, mal mit einem Augenzwinkern. Amüsant für uns war seine Videovorführung, in dem er u.a. Micheline Calmy-Rey bei einer Visite in seinen Spitälern und Sequenzen aus einer Zirkus Knie-Benefiz-Gala zeigte. Am Schluss gabs dann noch Berichte aus der Schweizer Illustrierten. Ins Englische übersetzt zum mitnehmen.
Das Restaurant "Airport" in Sihanoukville: ein "must" für Aviatik-Fans wie wir (ähem...)
Kambodscha - das Land, in dem das Benzin noch aus der Cola-Flasche kommt...
...und man im Auto-Rückspiegel Karaoke-Filme laufen lassen kann
Zwei (!) Schweine auf dem Weg zum Markt
Getrockneter Fisch am Central Market in Pnom Penh
Selbstgebastelte Schweizer-Fahne am Flussufer im Pnom Penh (Geometrie ist hier wohl ein Fremdwort :-))
Der wunderschöne Palast von König Norodom Sihamoni
Ein alltägliches Bild: Herr und Frau Kambodscha beim Multi-Tasking
In Saigon geht’s ab wie die Rohrpost. Politisch korrekt sollte man die Stadt ja eigentlich Ho Chi Minh City nennen. Denn eine der ersten öffentlichen Amtshandlungen des kommunistischen Nordvietnams, nachdem sie Saigon eingenommen haben, war die Umbenennung der Stadt zu Ehren ihres Übervaters Ho Chi Minh. Aber unsere Erfahrungen und Gespräche mit Südvietnamesen haben gezeigt, dass dieser neue (und etwas umständliche) Name bei ihnen nicht wirklich „en vogue“ ist. Vor allem aus dem Grund, weil die Nord- und Südvietnamesen bis heute das Heu (oder eher die Reispflanzen) nicht auf der gleichen Bühne haben. Hiermit ergreifen wir daher Partei für den Südvietnam und bleiben der Bezeichnung „Saigon“ treu.
In ebendiesem Saigon spriesen die Büro- und Hotel-Türme nur so aus dem Boden. Wir entdeckten die edelsten Kleider- und Schmuck-Boutiquen, die sogar an der Zürcher Bahnhofsstrasse einen schweren Stand hätten. Und ab und zu kratzte ein schnittiger Sportwagen oder eine Luxus-Limousine die Kurve. Bilder, die im restlichen Vietnam (noch) unvorstellbar sind. Neben diesem augenscheinlichen Reichtum wirken die vielen Museen und historischen Gebäude, in denen der Kommunismus hochgelebt und zelebriert wird, wie ein lustiges aber altbackenes „Chasperli-Theater“.
Nach Saigon machten wir eine mehrtägige Tour durchs Mekong Delta. Dort besuchten wir u.a. die berühmten „Floating Markets“, auf denen ein (leider immer kleiner werdender) Teil des regionalen Gemüse- und Früchte-Handels auf Booten betrieben wird. Zudem liess sich Roger noch kulinarisch weiterbilden, und probierte Rattenfleisch (nicht empfehlenswert), Froschschenkel (sehr fein und zart) und Riesenschnecken (ziemlich glitschig).
Die letzte Station in Vietnam war die wunderschöne Phu Quoc Insel, auf der wir (einmal mehr) ein paar Strandtage verbrachten. Obwohl die Insel schon länger kein Geheimtipp mehr ist, ist ihr Leben noch ziemlich einfach und gemütlich. Das wird sich jedoch im 2012 schlagartig ändern, wenn der neue internationale Flughafen fertig gebaut ist. Wie wir von einem Schweizer Restaurantbesitzer (der hatte sogar Käsefondue auf der Menükarte!) erfahren konnten, sind sämtliche jetzt noch verlassenen Küstenabschnitte an Grundstück-Makler und Hotelketten verkauft. Das Sheraton und Hilton z.B. starten demnächst mit dem Aushub, damit sie pünktlich für die Flughafeneröffnung in den Startlöchern stehen. Und quer über die Insel werden nun mehrspurige Highways gebaut. Eine Entwicklung, deren rasante Geschwindigkeit jedem Schweizer VCS-Mitglied die Haare zu Berge stehen lässt.
Nach dem prosperierenden Vietnam sind wir nun in einem Land angekommen, dass diesbezüglich noch in den Kinderschuhen steckt. Mehr dazu beim nächsten Mal…
An alle Stumpen-Liebhaber: Auf Saigons Strassen verkaufen sie Villiger-Stümpen!
Eines von vielen Bürogebäuden in Saigon
Der ehem. Premierminister von Vietnam präsentiert im Stadtmuseum stolz seinen Badge fürs Davoser WEF
Frühstücks-Service inkl. Lächeln auf einem Floating Market
Wie im vorigen Blogeintrag versprochen, möchten wir noch über unseres 3-tägiges Easy-Rider-Abenteuer, das wir zusammen mit Fränzi und Silvan erlebten, berichten. Easy Rider sind vietnamesische Töff-Fahrer, die einen mitsamt Rucksack auf ihre schweren Hondas packen und mit viel Sachwissen und zumutbarem Fahrstil durchs Land kurven. Da auf einem Töff mit Gepäck nur zwei Personen Platz haben, hatten wir die einmalige Gelegenheit, zusammen mit vier einheimischen Reiseführern die verschiedensten Orte weit weg vom Touristenstrom zu erkunden und unsere Guides drei Tage lang mit Fragen zu löchern. Unsere vier Easy-Rider setzten sich wie folgt zusammen: ein seriöser Boss, der die Truppe anführte, ein ehemaliger Leutnant der südvietnamesischen Armee, der den Vietnamkrieg am eigenen Leib erfahren hat, ein leicht exzentrischer „Bamboo-Man“, der bei jedem Zmorgen-Essen einen Clown mitass, sowie ein jüngerer und ruhiger Neueinsteiger. Diese grundverschiedenen Charaktere unterhielten uns bestens und brachten uns die vietnamesische Kultur, Natur und Landwirtschaft näher. So besuchten wir Blumen-, Kaffee-, Tee-, Kautschuk-, Pilz- und Seidenraupen-Farmen, bestaunten diverse Produktionsvorgänge (z.B. wie aus dem Kokon der Seidenraupe eine Seidenschal wird) und hörten spannende aber bedrückende Geschichten vom Vietnamkrieg. Da wir wie gesagt abseits der üblichen Touristenpfade reisten und durch etwas abgelegene Dörfer und Städte fuhren, wurden wir oft angegafft, als ob wir der ehrwürdige Osterhase in Person seien. Unsere Easy-Rider machten uns ebenfalls mit der Gastfreundschaft und Offenheit der vietnamesischen Landbevölkerung vertraut. So platzten wir oft in die gute Stube von Bauern-Familien oder besichtigten die Produktionsstätten von lokalen Fabriken, ohne dass uns nur einmal eine ablehnende Haltung gegen unseren Besuch entgegenschlug. Der Abschluss unserer Easy-Rider-Tour bildete dann eine atemberaubende Fahrt durch das geschäftige Saigon während der Stosszeit. Ein Schmünkerli davon seht ihr im untenstehenden Video.
Interessierte Bauernfamilie begrüsste uns in ihrer Stube
Fränzi zeigt den Damen, wie man Reis erntet
Melanie und Silvan schnüffeln sich durch eine Tee-Farm
Rückspiegel-Ansicht eines Easy Riders
Herstellung von Reispapier für die Frühlingsrollen
Habt ihr gewusst, dass so eine Cashew-Nuss aussieht und jede einzeln gepflückt werden muss?